Yankee

Yankee
(yankee | italien 1966 | tinto brass | dvd: koch media)

“Der Yankee” ist ein wohlgekleideter Gentleman, der durch den wilden Westen zieht, um Gangs – wie die vom “großen Concho” (Adolfo Celi) – den Garaus zu machen und das Kopfgeld einzustreichen.

Tinto Brass hat Yankee 1966 gemacht. Der Mann, der später mit Kitty Salon und natürlich der spektakulären Tittenkatastrophe Caligula (“der teuerste Porno aller Zeiten”) seine eigene, ganz spezielle Nische finden würde, war zu diesem Zeitpunkt scheinbar noch nicht sehr daran interessiert, gewisse weibliche Körperteile abzulichten. Er widmete sich viel mehr den Hauptströmungen der italienischen Filmindustrie und war wohl noch unsicher, welche Richtung seine Karriere einmal nehmen sollte. Dass Yankee dabei sein einziger Ausflug in den Italowestern bleiben sollte, ist schade, denn hier demonstriert er ein Händchen für extravagante Kamerarbeit und viele kleine spaßige Ideen.

So derivativ er auch sein mag – gar vor dreisten Leone-Abguckern wird nicht zurückgeschreckt – Yankee ist ein prächtig unterhaltender Film. Die Grenzen des Budgets lassen sich aus jeder Szene entnehmen, doch dafür füllen Brass und sein Kameramann Alfio Contini diese mit Schaufelladungen von einfallsreichen wie farbenfrohen Einstellungen und originellen Sets (das römisch-pompös eingerichtete Heim des Conchos ist da nur ein Beispiel). Mit Brass’ anderen Filmen bin ich nicht vertraut, weiß also nicht, ob sich diese visuelle Klasse auch in späteren Werken durchgesetzt hat, aber angesichts des Kultes um Brass müsste davon auszugehen sein. Jedenfalls wäre es nicht falsch, Yankee in seiner psychedelischen Einzigartigkeit neben Giulio Questis Django Kill oder Enzo G. Castellaris Die Totengräber warten schon einzuordnen.
Leider holen die großen Löcher im papierdünnen Plot die angenehm schnell voranschreitenden Handlungen in Yankee relativ schnell ein, sodass sich gegen Ende des zweiten Aktes einige Längen einschleichen. Die Katz-und-Maus-Jagd im verlassenen Dorf realisiert Brass auf humorvolle, abwechslungsreiche Art – aber sie ist einfach zu lang. Im Anschluss stellen sich die zu erwartenden, üblichen Storywendungen und Konfrontationen ein, welche schließlich zu einem vorhersehbaren, unbefriedigenden Finale führen. Dafür machen die Schauspieler einen postivieren Eindruck: Adolfo Celi als Bösewicht ist zwar nichts Neues; gerade diese Vertrautheit hat mir persönlich durchaus gefallen. Philippe LeRoy macht wirklich Spaß (vor allem in Verbindung mit der brauchbaren dt. Synchro): Sein freches wie cooles Auftreten in gepflegtem Anzug erinnerte mich nicht nur einmal an Gianno Garkos Sartana. Dreckige, auf Rache sinnende Cowboys gibt’s in Yankee darum nicht. Brass und Freunde haben mit diesem Protagonisten das Rad nicht neu erfunden, doch für Abwechslung sorgt es allemal.

Die neue DVD von Koch präsentiert den Film zum ersten Mal auf DVD. Sie ist nicht ganz so gut geworden wie bei Töte Amigo: Der Transfer ist solide, kaum verblasst und nur selten von Kratzern und Schmutz gestört. Bei einem derart obskuren und alten Film erwarte ich da nicht mehr. Die deutsche Synchronisation hat mir richtig gefallen, weder zur hölzern noch zu Brandt-mäßig prollig. Man kann sich aber auch die italienische Version mit dt. Untertiteln geben.

Extras gibt es ausser Trailern und einer Bildergallerie leider nichts. Zwar ist auf der Koch-Site ursprünglich ein Interview mit LeRoy angekündigt worden, auf der Disc ist davon leider nichts zu finden. Schade. Alles in allem eine recht gute Veröffentlichung. Dafür, dass Koch Media diese Filme trotz ihrer offensichtlich kaum vorhandenen Rentabilität rausbringen, haben sie natürlich weiterhin meinen großen Respekt und ich kann kaum erwarten zu sehen, was als nächstes auf den Tisch kommt.

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