Comeuppance HK 2000
Sung (Jordan Chan) ist ein unscheinbarer, freundlicher Nobody, der in einem kleinen Fotolabor arbeitet. Eines Tages beschließt er spontan, den notorischen Triadenboss King mit Zyanid zu vergiften. Die Hongkonger Unterwelt ist erschüttert. Inspiriert durch den Vorfall beginnt Zeitungsreporter Hak (Patrick Tam), eine wöchentlich erscheinende Reihe fiktiver Kurzgeschichten für seine Zeitung zu schreiben, bei denen ein unbekannter Täter auch noch weitere Triadenbosse auf die unterschiedlichsten Art und Weisen zur Strecke bringt. Und auf einmal beginnen die Stories zur Realität zu werden. Was Polizist Michael (Sunny Chan) natürlich verhindern möchte…oder?
Dass Johnnie To mit seiner Produktionsfirma früh auf Derek Chius Krimikomödie Comeuppance aufmerksam wurde und sich dazu entschloss, als Produzent einzusteigen, ist nach eingehender Betrachtung keine große Überraschung. Denn trotz sichtlicher Budgetgrenzen brachte Chiu in seinem Film eine große Anzahl Milkyway-typischer Ideen und einen eigenen Stil ein. Mit seinem Material arbeitet er verspielt, rollt die einzelnen Morde stets von hinten auf, zeigt ihre Ausführung detailiert und mit quirliger Musik hinterlegt, die zahlreichen Flashbacks und Twists steuern ebenfalls ihren Teil zur Verwirrung bei. Es ist ein für Hong Kong-Verhältnisse relativ harmloses, aber ziemlich clever gemachtes Katz- und Mausspiel, weit entfernt von den depressiven Triaden-Blutbädern, die sich sonst so in dieser Landschaft tummeln. Was nichts schlechtes bedeutet: Auf dem Terrain des HK-Films sind solche Reminiszenzen definitiv nicht oft zu bekommen, und so ist Chiu für seinen Einfallsreichtum zu gratulieren.
Jordan Chan macht einen guten Job als Sung und spielt seinen Charakter souverän zwischen sympathisch und psychotisch-mysteriös. Warum er was gegen die Triadenbosse hat, erfahren wir leider nie so ganz. Derek Chiu stellt diesem Charakter einmal Hak, den Reporter, und Michael, den Polizisten gegenüber. Alle drei wirken auf den Zuschauer wie ganz ordinäre, freundliche Typen, die, wie sich am Ende herausstellt, ein gemeinsames Motiv haben. An bissigen Sarkasmus spart Chiu nicht: Nichtmal die Triaden treten als wirklich böse Typen auf, einer lädt Hak gar zum Essen ein, lobt seine Kolumne und erzählt ihm dann wie nebenbei von seinem verbrecherischem Tun.
Es sind also mal zur Abwechslung keine heroischen Cops oder edle Gangster in Armanianzügen, die in Comeuppance die Unterwelt ausradieren, sondern völlig normale Typen wie du und ich, denen die Allgegenwärtigkeit der schmierigen Triaden auf den Sack geht. Ein Statement steckt sicherlich in Chius Film, das überspitzte Finale macht dies noch besonders deutlich. Und auch wenn jenes Statement sich nicht jedem westlichchen Zuschauer in seiner Gänze erschließen wird, bleibt Comeuppance eine erfrischend andere Mischung aus Krimi und Komödie, ohne viel Feuerwerk, dafür mit um so mehr Witz und Seele glänzen kann.