Princess-D

Princess-D
Sylvia Chang | Hong Kong 2002

Joker (Daniel Wu) arbeitet an einem Spieleprojekt und könnte es fast schon dem Vorstand präsentieren. Es fehlt lediglich noch ein virtuelles Idol. Eines Tages trifft er in einer Disco Ling (Lee Sinjie). Sie soll es sein. Sie wäre perfekt für sein Computerspiel. Sie soll Princess-D werden. Leider ist Ling alles anderes als perfekt. Sie vercheckt Drogen, ihre Mutter ist geistig nicht mehr ganz zusammen, der Bruder hat Schulden beim lokalen Drogenboss und der Vater selbst sitzt gleich ganz im Knast. Joker will ihr helfen.


Von Princess-D hörte ich schon damals, 2003. In meinem jugendlichen Leichtsinn interessierte er mich primär wegen dem ganzen virtuellen Krams. Ich dachte wohl es geht computerfreakmäßig geil ab. Erst kürzlich sah ich durch Zufall die DVD günstig zum Verkauf und schlug, ohne wirklich zu wissen, auf was ich mich da einlasse, zu. Denn mal ehrlich, wer hörte damals schon von dem Film? Fast zeitgleich lief damals “Infernal Affairs”. Kein Wunder, das Princess-D – ein waschechtes Drama – unter ging. Schade eigentlich.

Denn Sylvia Chang (ja, DIE Sylvia Chang. Schauspielerin aus Aces Go Places, oder All About Ah Long) schrieb’ hier einfach mal so mir nichts dir nichts einen wundervollen kleinen Film, der vor allem von Lee Sinjie getragen wird. Schauspielerische Leistungen fallen mir selten richtig positiv oder richtig negativ auf, da es für mich als Europäer recht schwierig ist kantonesische Dialoge und Verhalten zu beurteilen, welches ich ganz einfach nicht gewohnt bin. Aber Lee Sinjie sticht hier mal wirklich heraus (mehr noch als in “The Eye”) und überzeugt in jeder Szene. Ob sie nun glücklich ist oder traurig. Man kauft ihr locker alles ab und wünscht sich ganz insgeheim sie mal kennenlernen zu dürfen. Gekonnt wechselt sie zwischen kleinem unschuldigem Mädchen, trauriger Tochter, die alleine zurecht kommen muss und Drogen vercheckendes toughes Girl. Alle anderen tun es ihr gleich und fallen nicht weiter negativ auf. Daniel Wu liefert solide Schauspielleistungen ab, Edison Chen fällt nicht weiter auf und tut das, was er am besten kann: Englisch reden und gut aussehen. Richtig nice ist noch Anthony Wong, der eigentlich nur Nebendarsteller ist, sich davon aber nicht abhalten ließ einfach mal wieder total geil zu sein. Er spielt hier übrigens einen Tanzlehrer. Kein Wunder das er mehrfach für “best actor in supporting role” nominiert wurde und in Taiwan dann sogar gewann.


Etwas verwirrend fängt Princess-D allerdings an. Mit viel Technomusik (Disco-Szenen), Drogentrips (trippe Visuals) und Computergrafik weiß man anfangs nicht so recht was das nun sein soll. Aber schnell findet der Film seinen Weg und überzeugt dann durchweg durch ehrliche und realistische Szenen. Bei Liebesdramen wie diesem kann es schnell passieren, das Szenen kitschig oder gar lächerlich wirken. Sylvia Chang verhinderte das allerdings gekonnt, trotz schnulziger Lieder mit Namen wie “Heaven so close”. Und so sehen wir dann Joker, wie er auf dem besten weg ist, das ultimative (virtuelle) Idol zu erschaffen, sein Bruder Kid (Edison Chen) wie er ihm dabei hilft, seinen Vater wie er Frauen das Tanzen lehrt und Ling wie sie mit ihrer Familie zu kämpfen hat. In vielen Reviews wurde Princess-D angekreidet, das der Film hätte mehr sein können. Immer wieder sehen wir grandiose Szenen, die jäh von (übrigens ziemlich guten und nicht peinlich wirkenden!) Computeranimationen unterbrochen werden. Aber ich bin froh, das es die Szenen überhaupt gab und kann Princess-D als gut gemachtes Drama auf jeden Fall empfehlen.

Pen Pen Pen Pen Trans(en)pen

Musikvideo:
http://www.youtube.com/watch?v=kUd6wxztaZk

Re-Cycle

Re-Cycle

Buchautorin Ting-Yan ist eine erfolgreiche Schriftstellerin, die gerade an ihrem dritten Buch arbeitet mit dem Namen “Re-Cycle”. Als sie das Buch zu schreiben beginnt, bemerkt sie, dass ihr alles was sie aufschreibt selbst passiert. Nach einer Reihe seltsamer Ereignisse in ihrer Wohnung landet sie tatsächlich in einer komplett fremdartigen Welt.

Re-Cycle hätte das beste Horrordrama des neuen Jahrtausends werden können: Mit superdicken Bildern, einer großartigen Storyidee, tollen Schauspielern, aber vor allem eins: Einer ziemlich nachdenklich stimmenden Aussage. Was der Film letztendlich bloß besitzt sind die superdicken Bilder. Aber, und jetzt kommt’s: Ich kann die meist vernichtenden Kritiken trotzdem nicht ganz verstehen. Wie bei Silent Hill schon reichen eigentlich allein schon die Bilder aus, um die Story voranzutreiben.

Die Idee ist natürlich die: In der “Re-Cycle” Welt landen alle Gegenstände, Lebewesen und Gedanken die die Menschen vergessen oder verlassen haben. Es ist der Schrottplatz der weggeworfenen Spielsachen aus der Kinderzeit, der Toten, die längst vergessen wurden aber auch derjenigen, die nie eine Chance hatten zu leben. Das verworfene Manuskript zum Bestseller landet hier ebenso wie deine Großmutter.

Die Pang Brothers hätten dem Film eine echte kraftvolle Aussage verleihen können, die den Bildern gerecht wird. Leider verbringen sie den Großteil des Films damit, Hauptdarstellerin Angelica Lee (deren emotionales Spektrum sich meist auf einen “Verwundert und schockiert von links nach rechts schauen”-Blick beschränkt) von einer abgefahrenen Szene zur nächsten zu jagen. Das hat beinahe Videospielcharakter und wird manchmal echt trivial blöde (“Passiere diese Brücke mit angehaltener Luft!”), doch die Bilder, wie ihr vielleicht erahnen könnt, machen beinahe alles wett. Was hier aufgetischt wird ist der reine Hammer – nicht nur aus technischer Sicht – die Spezialeffekte machen neuen Hollywoodblockbustern locker Konkurrenz – sondern vorallem auch aus kreativer. Stets fragt man sich, welche sicken Einfälle die Pang Brothers als nächstes auf die Bildfläche treten, und da wird man nicht nur einmal seine Kinnlade wieder in die Ausgangsposition zurückbewegen müssen.

Es wird kaum erklärt, was da eigentlich geschieht, man kann sich darauf rausreden, dass es dem Film die Mystik bewahrt und Fragen absichtlich offen lässt, aber vermutlich haben sich die Drehbuchautoren einfach darauf verlassen, dass die Bilder den Zuschauer flashen. Ja, die Story ist dünn, und es ist echt sehr, sehr ärgerlich darüber nachzudenken wieviel mehr man daraus hätte machen können…
Aber was soll’s. Die Pang Brothers machen dennoch ein paar nette moralische Andeutungen und drücken auch ein paar Mal auf die Tränendrüse (und die Grenze zum Kitsch ist nicht weit); sie inszenieren den Film mit tollen Kamerafahrten, dazu gibt es nice Musik und perfektes Sounddesign. Überraschenderweise ist dann sogar das Ende eine ziemlich interpretationsabhängige Angelegenheit, was ich eigentlich gar nicht mehr erwartet hätte.

Wenn man bedenkt, dass ich im Hinblick auf die im Internet verfügbaren Rezensionen einen noch viel seichteren Film erwartet habe, bin ich jedoch mehr als zufrieden. Re-Cycle besticht durch seine Bilder, ist sich unsicher, ob er eigentlich mehr als nur das tun will (und schön wäre es gewesen). Da muss man für sich selbst entscheiden, ob einem die magere Story als Vorwand für die Visuals ausreicht.
Für mich steht fest: In Sachen Unterhaltungsfilm gibt es dieses Jahr vermutlich nichts geileres aus Asien. Nichts.

Pen Pen Pen Pen Trans(en)pen