Where A Good Man Goes

Where A Good Man Goes Hong Kong 1999

Michael (Lau Ching Wan) ist ehemaliger Gangsterboss, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er ist sauer auf eine Menge Leute, darunter auch seine Frau, primär, weil sie ihm Geld schulden. Eigentlich nur, um vorübergehend ein Dach über dem Kopf zu haben mietet er sich ein Zimmer im International Inn in Macau, geführt von der Witwe June (Ruby Wong). Der eigentlich sehr griesgrämige Michael beginnt sich, mit June und ihrem Sohn anzufreunden und versucht, ein für alle Mal mit seiner Gangster-Vergangenheit Schluss zu machen. In die Quere kommt ihm dabei vorallem der gemeine Bulle Fat Karl (Lam Suet).

Die Story vom Kriminellen, der auf rechte Pfade zurückzukehren versucht, dabei aber immer wieder von seiner Vergangenheit eingeholt wird, ist alles andere als neu. Johnnie Tos unspektakuläre, bodenständige Umsetzung dieser Idee steht im Gegensatz zu den sonst eher reißerischen Versionen (z.B. Jingle Ma’s “Goodbye Mr Cool”), ist dadurch aber um ein vielfaches authentischer und stimmiger.

To braucht keine tausend Schießereien um von Michael zu erzählen: Lau Ching Wan als cholerischer und einsamer Kerl steht mit seinen spontanen Wutausbrüchen schon mal an der Grenze zum Overacting, doch unterstreicht damit die Entwicklung, die sein Charakter im Laufe des Filmes durchmacht. Warum die eigentlich kühle June immer wieder auf ihn zukommt, obwohl er sich ihr gegenüber die meiste Zeit wie ein Kotzbrocken verhält, ist nie ganz klar – irgendwo in ihm muss sie den guten Kerl sehen, der er ist. Da liegt auch ein kleiner Schwachpunkt des Films, denn der eigentlichen Interaktion zwischen Michael und June hätte etwas mehr Raum nicht geschadet.

In Where A Good Man Goes gibt es keinen tatsächlichen Storyverlauf, der die Charaktere von A zum Ziel B führt. Den Großteil des Filmes sieht man Michael, wie er Geld aufzutreiben versucht, auch, um Junes verschuldetes Inn zu retten. Man sieht von Schicksalsschlägen und Irrtümern gezeichnete Losertypen, die irgendwie im Leben klarkommen müssen, dadurch findet man jeden von ihnen sympathisch und bringt Verständnis auf. Am Ende lernt selbst Arschloch-Cop Fat Karl aus seinen Fehlern.
Tatsächlich ist dieser Film vermutlich der lebensbejahendste im ganzen Milkyway-Programm. Selten kann man in einem To-Film über die Figuren lächeln (die Romcoms mal ausgenommen), und schon das macht Where A Good Man Goes zu einem Unikum. Wer Action und Spannung sucht, ist hier definitiv an der falschen Adresse – die schönen Bilder Macaus und die mehr als guten Schauspielleistungen lassen das jedoch schnell vergessen.

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Lifeline

Lifeline (Hong Kong 1996, Johnnie To)

Dieser Film hat eigentlich gar keine Story in dem Sinne. Kein Ziel. Wir sehen lediglich gut 100 Minuten lang die Arbeit und Probleme einer Feuerwehrtruppe in Hong Kong. Gleich am Anfang wird der Chef der Truppe bei einer Rettungsaktion schwer verletzt wird und danach querschnittsgelähmt ist. Die Truppe gilt in Hong Kong schon als die “verfluchten Pechvögel”. Das weiß auch Alex Fong, der als neuer Chef in die Truppe kommt. Er ist eher der Feuerwehrmann der strikt nach Buch arbeitet, während Lau Ching Wan mehr der “Ich würde es riskieren um jemanden zu retten” Typ ist. Lau Ching Wan hat es am Anfang auch gleich mal auf die, zugegeben, hurengeile Carmen Lee abgesehen. Sie ist Doktorin und hat allerdings gerade Zoff mit ihrem Freund. Es gibt noch jede Menge mehr Nebencharaktere und alle haben so ihre Probleme. Manche werden leider nur kurz angeschnitten und man wünscht sich, man hätte etwas mehr über sie erfahren, um dann am Schluss mehr mit ihnen mitfiebern zu können.

Der Schluss ist eh krank. Zwar ist Lifeline ein Feuerwehrmännerfilm (?) allerdings gibt es nur eine wirkliche Feuerszene im Film. Tjo, die geht dann dafür auch knapp 40 Minuten und geizt nicht mit spektakulären Aufnahmen. Sie ist echt krass inszeniert und alle paar Minuten explodiert irgendwo etwas, Dreck und Feuer fliegt rum und wir sehen Lau Ching Wan durch verpuffende Feuerbälle rennen, springen und rutschen. Hier hat man sich wahrlich in’s Zeug gelegt und oft frage ich mich einfach nur, wie die das, damals 1996, in Hong Kong so hingekriegt haben.

Applaus!

Negativ fiel mir dann eigentlich, neben den unzureichend ausgeleuchteten Problemen der Charaktere, nur die Musik auf. Die klingt ziemlich billig und passt oft ganz einfach nicht zum Geschehen. Das ist vor allem in der letzten Szene etwas Schade, da diese ansonsten ziemlich genial ist. Tjo.

Definitiv nicht Johnnie Tos bester Film, aber ein guter Film über Feuerwehrmänner mit einer dicken Feuerszene. Hurra.

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My Name Is Fame

My Name Is Fame HK 2006

Poon Ka-Fai (Lau Ching Wan) war einst ein aufsteigender Stern in HKs Filmbusiness: Er gewann mit 19 Jahren den “Best Newcomer” Award, doch genoss trotz eines großen Talents nie den Erfolg, den er verdient hätte. Mittlerweile ist er ein verbitterter, saufender Mittelklassedarsteller, der sich mit schlecht bezahlten Rollen bei TV-Serien durchschlägt. Bei den Dreharbeiten zu einer dieser Shows trifft er auf Faye Ng (Huo Siyan), eine enthusiastische, talentierte Schauspielerin, die ganz nach oben will. Sie ist ein großer Bewunderer von Poon Kar-Fai, und obwohl dieser sich zunächst von ihr sichtlich genervt fühlt, nimmt er sie unter seine Fittiche und macht als Manager aus ihr, was er nie werden konnte…

My Name Is Fame von Lawrence Lau handelt von einem Geschäft, in dem oft die unfreundlichsten Figuren die Zügel in der Hand haben. Es ist nicht die das HK-Filmbusiness auf den Arm nehmende Satire, die man angesichts des Titels vielleicht erwartet. Stattdessen haben wir es mit einer unterhaltsamen Mixtur aus Comedy und Drama zu tun, in der Lau Ching-Wan vor allem deshalb großartig ist, weil er sich im Prinzip selbst spielt. Ein toller Schauspieler, von Kritikern stets gelobt, doch immer ohne Award nach Hause gegangen. Lau Ching Wan ist nicht und war nie ein bildhübsches Popsternchen, stand stets im Schatten seiner Kollegen.

Die kleinen Seitenhiebe auf die reale Filmwelt spart sich Regisseur Lau daher ohnehin nicht: Vom Gag mit den völlig deplatziert wirkenden jungen Männern, die nicht schauspielern können und in der Gerichtsshow nur einen Platz finden, weil sie Triaden angehören, bis zu einer Reihe von brillianten Cameos von Schauspielern und Regisseuren – da sehen wir Ekin Cheng, wie er gerade mal eben bei einer Schauspielagentur vorbeischaut, Henry Fong als zwielichtigen, Frauen anziehenden Girlbandcaster, Gordon Chan mit seinem Vorhaben, einen Arthouse-Porno in Japan zu drehen und den sympathisch-androgynen Fruit Chan beim Dreh eines Triadenfilms. Mit Tony Leung Kar-Fais Auftritt als Tony Leung Kar-Fai, Mentor und Freund Poon Ka-Fais haben wir dann praktisch das komprimierte “Who’s Who” des heutigen HK Kinos komplett.

Hier wird bereits deutlich: Wer beim obigen Absatz nur Bahnhof versteht, ist vielleicht als Zuschauer für My Name Is Fame nicht so geeignet. Wer sich allerdings ein wenig im Hongkonger Kino auskennt, hat an dem Film zehnmal mehr Freude, denn in fast jeder Szene werden bekannte Gesichter gezeigt, Filmtitel genannt, Klischees parodiert. Allein dieser Aspekt macht schon einen wahnsinnigen Spaß und ist einer von zwei Gründen, warum ich von der 1. bis zur 90. Minute des Films so ein Lächeln auf dem Gesicht hatte, dass mir am Ende die Lippen wehtaten. Lächeln, wohlgemerkt: Wong Jing’schen In-die-Fresse-Humor sucht man hier glücklicherweise vergebens.

Der andere Grund ist das tolle Zusammenspiel von Lau Ching Wan und Newcomerin Huo Siyan, wobei ersterer gewohnt sympathisch, und letztere so unglaublich süß ist, dass ich sterbe (und man sieht sie in einer Szene fast nackt! GEIL!). Boah. Vor allem, wo der Film sich ganz zart in Richtung Romanze bewegt (aber nur ein bisschen! Versprochen!) gibt es eine Szene, in der sie sowas vom zum Sterben niedlich ist. Ich kann mir KEINE westliche Schauspielerin vorstellen, die so etwas hinbekommen würde. Boah.
My Name Is Fame ist auch ein wirklich positiver Film. Denn am Ende schafft es Poon Ka-Fai dank Faye sogar, sich wieder aufzurappeln und es mit dem Schauspielern nochmal zu versuchen. Wie gesagt, wirklich realistisch ist diese Entwicklung nicht. Irgendwie scheint das gesamte Filmgeschäft im Film aus netten Menschen zu bestehen, die allen nochmal eine Chance geben und auf alle Rücksicht nehmen. Lawrence Lau hätte meiner Meinung nach ruhig eine Spur bissiger zu Werke gehen können, wie es sich am Anfang ein paar Mal andeutet. Aber egal. Es ist ja Weihnachten.

Der Mittelweg zwischen naiv-warmer Atmosphäre und einem leichten satirischen Touch funktioniert dennoch echt gut und macht My Name Is Fame zu einem der unterhaltsamsten HK Filme 2006. Lau hat ein herzliches, charmantes, doch auch nicht unintelligentes Comedydrama geschaffen, dass mich berührt hat und bei dem ich am Ende mit einem Seufzer die DVD aus dem Player ejectete. Und manchmal reicht das einfach schon, um glücklich zu machen.

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Running Out Of Time

Running Out Of Time (Hong Kong 1999, Johnnie To)

Running Out Of Time (Hong Kong 1999, Johnnie To)

Cheung (Andy Lau) hat keine Zeit mehr. Krebs zerfrisst seinen Körper von innen und die Ärzte geben ihm nur noch wenige Tage. Bevor er aber stirbt, will er mit der Hong Konger Polizei ein Spiel spielen. Die Zeit: 72 Stunden. Der Auserwählte: Polizist Ho. Ihn hat Cheung ausgesucht, weil er einer der ehrgeizigsten und besten in Hong Kong ist. Erst später merkt Ho, das Cheung eigentlich noch einen ganz anderen Plan verfolgt…


Mal sehen…

Milkyway
Johnnie To
Lau Ching Wan
Andy Lau
Lam Suet
Siu Hung Hui


Öhm.. was sollte da noch schief gehen? Richtig. Nichts. Running Out Of Time ist – mal wieder – einer der grandiosen Johnnie To Filme, die aus relativ wenig ganz viel machen. Die Story ist recht einfach und hätte schnell in einem Kommerzblockbuster mit Arnold Schwarzenegger enden können, der dann doch keiner wird, weil das Drehbuch von einem Ami geschrieben wurde. Aber wir befinden uns ja momentan in Hong Kong und nur deswegen kann man sich getrost zurücklehnen und genießen, wie sich Lau Ching Wan und Andy Lau eine spannende, überraschende, actionreiche und dramatische Jagd liefern.

Da der Film überwiegend von seiner Story und den Characteren lebt, tat man gut daran nicht nur Hong Kongs angesagteste und sicher auch beste Schauspieler zu engagieren, sowie das Drehbuch so zu schreiben, das stets alle Aktionen glaubwürdig bleiben und die Charactere genug Zeit kriegen, dem Publikum symphatisch zu werden. Mehr noch. Ehe man sich versieht hat es den Anschein als wären Gangster und Polizist sich gegenseitig auch noch symphatisch. Cheung ist ganz froh drum, einen fähigen Polizisten wie Ho zu haben, der mitspielt. Denn nur mit ihm kann er seinen eigentlichen Racheplan am Mörder seines Vaters durchziehen. Und Ho muss ganz ehrlich zugeben, das es ihm auch Spaß macht. Endlich wird er gefordert und hat wieder etwas zu tun. Wie oft hat er schon das Lager in der Polizeistation aufgeräumt und aufräumen lassen, weil es sonst nichts zu tun gab.

Während es überwiegend die Szenen zwischen Andy Lau und Lau Ching Wan sind, die den Film tragen, so gibt es da noch diesen ganzen Kleinkrams nebenbei, die stilvolle Kameraarbeit und die grandiose Musik von Raymond Wong, die dem Film so perfekt machen.

Mit Kleinkrams ist gemeint: Nebendarsteller. Kurze Szenen und Stellen im Drehbuch, die dem Zuschauer entweder ein Schmunzeln oder ein “Aha!” entlocken. Besonders Lam Suet ist mal wieder in Topform und zeigt, das ihm auch Nebenrollen nicht egal sind und spielt, das sich die Balken biegen. Auch der Humor trifft stets in’s schwarze und wirkt nie deplatziert, da er wohl portioniert ist und nie in Klamauk endet. Das bei diesem Film die Kameraarbeit perfekt ist und der Soundtrack absoluten Ohrwurmcharacter hat und wie die Faust in’s Arschloch passt, ist da nur zu Begrüßen. Das alles macht den Film so perfekt.

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The Longest Nite

The Longest Nite (Hong Kong 1997, Patrick Yau)

Die verfeindeten Triadenbanden des Mr. K und Mr. Lung beginnen nach Jahren des Krieges endlich mit Friedensverhandlungen. Lame, das gerade jetzt das Gerücht auftaucht, es sei ein Kopfgeld auf Mr. Lung ausgesetzt und somit ein Attentat geplant. Noch lamer, das das Gerücht besagt, das Kopfgeld wurde von Mr. K gesetzt. Sam, seines Zeichens korrupter Bulle, der für Mr. K arbeitet, wird darauf angesetzt für Ruhe in Macau zu sorgen. Alle sollen doch bitte die Füße still halten, damit es nicht zur sprichwörtlichen Explosion kommt. Ausgerechnet jetzt kommt ein sicker Glatzkopf namens Tony in die Stadt. Will er Mr. Lung umlegen? Wer ist er? Warum verpisst er sich nicht einfach? Wichser.

Das Hollywood dem Zuschauer gerne alles ganz genau erklärt, dürfte bekannt sein. Oft wirkt das einfach lame in Filmen. Oft denkt man sich nur: !”Oh ja, danke für den Hinweis. Denkt ihr, ich bin blöd?”. Da bevorzuge ich ganz ehrlich gesagt Filme, in denen nicht immer alles auf Anhieb offensichtlich ist. Nicht alles vom Regisseur vorgekaut und mit einem großen Pfeil darauf hingewiesen wird. Aber im Fall von The Longest Nite ging mir das etwas zu weit. Selbst nach dem zweiten male Anschauen raffe ich noch nicht alles. Trotz seiner Linearität (Die Geschichte spielt sich komplett in einer titelgebenden Nacht ab) fühlt man sich immer noch unsicher, was da nun eigentlich vor sich ging. Man weiß jetzt mehr über Sam und Tony und kann nun sogar Leute von Mr. K und Mr. Lung außeinander halten, aber trotzdem fehlen einem Fragmente um ruhigen Gewissens sagen zu können: “Ach so. Ja klar!” Und das mag ich ganz einfach nicht. Also bleibt der Film als Ganzes mir verschlossen. Was ich zu bewerten vermag sind einzelne Szenen. Bruchstücke. Momente.

Und die sind als durchweg gelungen zu beschreiben. Der Film ist tatsächlich mit einer der düstersten Filme Hong Kongs. Jeder ist böse. Selbst dein vermeindlicher Freund und Helfer, die Polizei, bieten wenig positives, an das man sich hangeln könnte. Hier werden Hände mit Ketchupflaschen unbrauchbar gemacht, die neusten Foltermethoden ausprobiert, Menschen erschossen und kopflose Leichen in den Wohnungen der Leute platziert. Und dazwischen nicht etwa ein Lichtblick, nein, viel mehr eine weitere Enttäuschung. “Was, nichtmal auf die kann man sich verlassen?” So geht es den ganzen Film über, bis zum bitteren Ende, an dem manche sich eventuell etwas allein gelassen fühlen dürften.

Persönlich gefiel mir am meisten die Kameraarbeit. Vor allem die Szene in der Zelle und mehrere Szenen in den Straßen Macaus. Dunkle Straßen und Gassen erfahren durch die, dank der Neonreklame der Casinos in grelle Rot- und Blautöne getauchten, Straßen Macaus eine willkommene Abwechslung ohne jemals fröhlich oder gar einladend zu wirken. Einzig der Soundtrack kann da nicht mithalten. Weder die Komposition, noch die technische Ausführung können begeistern (Midi?). Zudem wird in vielen Szenen einfach Giorgo Moroders “The Chase” aus dem Midnight Express Soundtrack nachgespielt. Das passt zwar im Grunde, ist aber leider einfach nur geklaut und lächerlich. Der Sound macht da keine Ausnahme. Offensichtlich stand nur das “Hollywoods Most Famous Sound Effects” Archiv in einer abgespeckten Version (Auf einer 3,5 ” Diskette) zur Verfügung, denn Schüsse und Schläge klingen grausam. Das wäre ja noch zu verstehen (mangel an Budget), aber warum Triadenopa und Publikumsliebling Wong Tin-Lam sich selbst synchronisiert, wie ein Faultier auf Schlaftabletten, ist mir ein Rätsel.

Bleibt das Fazit: die undurchsichtige Story, der lame Soundtrack, die noch lameren Sounds und vor allem das ungute Gefühl, nichts kapiert zu haben am Schluss, bringen mich nur zu 3 Penen, für diesen Film. :Q

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The Longest Nite

The Longest Nite (Hong Kong 1998)

Sam (Tony Leung Chiu-Wai) ist ein korrupter Cop, der die Triadenbanden von Mr. K und Mr. Lung mehr als Freunde denn als Feinde sieht. Die eigentlich verfeindeten Banden beginnen gerade mit Friedensverhandlungen, als der mysteriöse, doch mächtige Mr. Hung ein Kopfgeld auf Mr. K aussetzt und die Triadenwelt zur Explosion bringt. Da tritt auch noch der zwielichtige Tony (Lau Ching Wan) auf den Plan, Sam findet eine Leiche in seiner Wohnung und muss hilflos mit ansehen, wie er in einen Strudel des Verbrechens gerät.

Böse Zungen behaupten ja, dass die komplette Milkyway-Filmographie von The Longest Nite-Regisseur Patrick Yau in Wahrheit auf das Konto von Johnnie To geht. Der sollte sich mit Yau auch noch später, bei Where A Good Man Goes in die Haare kriegen und kurzerhand dort auch offiziell den Regiestuhl für sich beanspruchen. 2000 drehte Yau dann noch The Loser’s Club, dessen Qualität mit “seiner” Milkyway-Crime-Trilogie so gut wie gar nichts mehr am Hut hatte und die Gerüchte damit bestätigen dürfte.

Beim Anblick von The Longest Nite wirkt diese Tatsache allerdings alles andere als überraschend: Die sorgfältig durchleuchteten Szenen, eleganten Kamerafahrten und opulenten Bilder sind ein unverwechselbares Markenzeichen Johnnie Tos. Ein Großteil des Films spielt sich (logischerweise) bei Nacht ab, die vorherrschenden Farben sind blau und schwarz und treffen damit die Grundstimmung perfekt. The Longest Nite ist ein bitterböser Film, dessen von Verrat und Intrigen gespickte Story man als Zuschauer ebenso unverständlich und hilflos verfolgt wie sein Protagonist Sam. Hier gibt es keine pflichtbewussten Cops (von denen Sam ebensowenig einer ist) und keine ehrenhaften Triaden. Wörter wie “Loyalität” und “Treue” wurden auf den Straßen Macaus längst kaltblütig von “Geld” und “Macht” überfahren.

Wie schon gesagt, die sich um Sam entfaltenden Ereignisse sind beinahe unmöglich im Detail nachzuvollziehen, irgendwie undurchsichtig. Dem Film tut das keinen Abbruch. Man ist genug beschäftigt, zu sehen, wie Sam langsam kapiert, dass auch er nur zum Spielball der Triaden geworden ist und verzweifelt einen Ausweg sucht. Lau Ching Wan als Tony übt auf Zuschauer wie Sam eine unglaubliche Ausstrahlung aus, das zwischen ihm und Tony Leung entstehende Psychoduell sucht im HK-Kino immer noch seinesgleichen und muss sich allenfalls mit der Performance von Lau Ching Wan (huch!) und Francis Ng in Full Alert messen. Obwohl ihre Charaktere scheinbar auf unterschiedlichen Seiten stehen, ähneln sie sich weit mehr, als sie sich zugestehen würden – diese Facette der Geschichte drückt sich im Showdown mit der Subtilität eines Holzhammers aus.
Ansonsten tauchen natürlich auch Routiniers wie Lam Suet auf und vermögen auch im Bereich der Nebendarsteller die Leinwand angemessen auszukleiden.

Die eingestreuten Shootouts sind solide Kost, leiden aber unter dem schlechten Sounddesign und der unpassenden Musik. Wie wir alle wissen, war das bei Milkyway um diese Zeit noch ein bisschen das Problem. Klanglich macht der Film längst nicht so eine gute Figur, ist den Bildern in dieser Hinsicht alles anderes als ebenbürtig, aber es ist auszuhalten. Gut, dass die Schießereien nicht Mittelpunkt des Geschehens in The Longest Nite sind. Wir haben es eher mit einer Art Noir-Krimi zu tun, pechschwarz vom Anfang bis Ende. Apropos Ende: Das ist selbstverständlich unangenehm wie ironisch und führt die Story konsequent zu einem glaubwürdigen Schluss. Ein ärgerliches, bösartiges Ende, man wird es vielleicht hassen. Und genau darum geht’s: Wenn man mit einem bitteren Nachgeschmack die DVD aus dem Player holt, hat The Longest Nite sein Ziel erreicht. Einen düstereren, nihilistischeren Triadenfilm wird man in Hong Kong (vielleicht Dog Bite Dog mal ausgenommen) nicht mehr finden.

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