Tale Of Tales

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Tale of Tales

Drei Märchen, um drei Könige und Königinnen, frei nach Giambattista Basile Märchenkollektion “Lo cunto de li cunti overo lo trattenemiento de peccerille”. Ein Königspaar versucht verzweifelt einen Nachfolger zu zeugen, ein lustvoller König in einem anderen Königreich wiederrum verliebt sich in die Stimme einer Bürgerin, welcher er noch nicht einmal zu Sicht bekam und wiederrum anderswo läuft einem König ein eher ungewöhnliches Haustier zu. Alle drei Märchen haben ansich nichts miteinander zu tun, werden aber durch universelle Gegensätze wie Leben und Tod, Reich und Arm sowie Schönheit und Häßlichkeit zusammengehalten.

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“Tale of Tales” ist des Italieners Matteo Garrones “English-Language-Debut” und endlich ist das mal nicht gleichbedeutend mit “Meh-debut”. Anstelle von Hollywood sind hier verschiedene Produktionsfirmen aus Europa für den Film verantwortlich und man merkt sogleich, dass dies kein hollywoodtypischer Märchenfilm ist. Matteo Garrones Vision von Märchen hat etwas düsteres, etwas erdiges, etwas ursprüngliches. Auch wenn die Kostüme und vor allem die Locations in alten Schlössern Italiens wahrlich opulent daherkommen, so wirkt der komplette Film dennoch irgendwie trist und bodenständig. Realistisch gar, es fehlt jedweder Glanz und die grandiose Kameraarbeit sowie das fast komplette Fehlen von CGI unterstreichen die ganze Atmosphäre des Filmes zusätzlich. Märchen für Erwachsene also, was einem spätestens beim Verschlingen des blutigen Herzens von Salma Hayek oder den riesigen Brüsten zweier Geliebter des lustvollen Königs klar wird. Dabei wird Gore und Sex aber Gott sei Dank nicht nur eingesetzt, um den Film “grittier” wirken zu lassen, sondern kommt immer nur dann vor, wenn es auch wirklich vonnöten ist.

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Auch wenn der Film nur eine Ansammlung von drei Märchen ist, so sind diese wunderbar ineinander verwoben und man wird von einer Story in die andere und wieder zurück geschmissen. Manche Reviewer da draußen bemängelten genau das, ich empfand es aber eher als spannungsfördernder im Vergleich zum Chronologischen Abarbeiten der einzelnen Geschichten. Und auch wenn es sich um Märchen handelt und man einen gewissen Ausgang vorhersehen kann, so sind mir die Märchen ansich bis dato unbekannt gewesen und vor allem schaffte es der Regisseur (oder das original Märchen? Ka?!), noch das ein oder andere überraschende Element mit einzubauen. Des Weiteren ist der Film relativ Dialogarm und man wird nicht dauernd mit Exposition zugetextet. Hier kann man sich das meiste einfach selbst zusammen reimen und das ist auch gut so. Gibt dem Film eine gewisse Aura von Erwachsensein und Kunst, wenn ich mich mal so komisch ausdrücken darf.

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Wirklich hervorheben muss man auch noch die Locations des Films, die allesamt true Schlösser oder Schlossinnenräume in verschiedenen Regionen Italiens sind. Der komplette Film sieht einfach wundervoll realistisch, dennoch schön und imposant aus, dass es eine wahre Freude ist. Also ja, wer keinen Bock mehr auf die Hochglanzmärchen aus Hollywood hat, der muss sich Tale of Tales anschauen. Klasse Musik, praktische Effekte, märchenhafte Geschichten, geniale Kamera, Salma Hayek und zwei Paar riesiger Titten. Was will man mehr?

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Gomorrah

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GOMORRAH

In der Region um Neapel und Caserta regiert die Camorra. Die Leute dort werden beherrscht vom Geld und der Gewalt. Gomorrah zeigt 5 Episoden aus dem Leben der Menschen dort und wie sie für die Camorra arbeiten oder indirekt mit ihr zu tun haben.

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Im fast schon dokumentarischen Gomorrah gibt es keine verklärte Gangsterromantik á la Scarface oder Der Pate. Die Camorra regiert mit viel Gewalt, Erpressung, Drogenhandel und ganz ohne Schnickschnack wie Familientraditionen, Werte oder sonstigen Hollywoodklischees. Als richtiger Film funktioniert Gomorrah imho kaum. Die 5 Episoden der verschiedenen Menschen plätschern so vor sich hin ohne wirklich große Höhepunkte und ehe man sich versieht, ist alles vorbei. Was Gomorrah dann schon eher aus macht ist der dokumentarische Stil und die Street Credibility. Man fühlt sich in so mancher Szene, als wäre alles wirklich so passiert und man mitten drin. Zum “Realismus” tragen unter anderem die wenigen Schnitte, der Einsatz von “am Ort” Musik (also Musik lediglich, wenn die Protagonisten auch welche hören, z. B. Autoradio) und die Originalschauplätze inkl. Originallaiendarstellern. Viele, die im Film mitspielen haben selbst Verbindungen zur Camorra und drei der Gangsterbosse kamen 2009 auch direkt in den Knast. Glücklicherweise kam es aber dennoch bei den Dreharbeiten kaum zu Zwischenfällen. Obwohl unter dem Decknamen “Fünf Geschichten” gedreht, sprach sich schnell herum, dass es um die Camorra geht. Die wollten wohl aber nicht einmal Geld und freuten sich einfach, dass sie das Thema eines Filmes sind. ~_? Ka.

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Gomorrah zeigt vor allem auch die verschiedensten Bereiche, auf die die Camorra Einfluss hat, wie z. B. das Leben des Schneiders Pasquale, der für seinen Chef 50 Kleider in Rekordgeschwindigkeit nähen soll und mal wieder Überstunden machen muss. Er bekommt eines Tages das Angebot, von einem Chinesen für 2.000 EUR pro Unterrichtsstunde die Chinesen das Nähen zu lehren. Da aber auch die Modebranche unter dem Einfluss der Camorra steht, kommt das gar nicht so gut und er muss im Kofferraum bei den Chinesen mitfahren, etc. pp.

Ein scheinbar (?!) guter Einblick in die wirkliche Mafia, den man sich ruhig mal anschauen kann, allerdings keinen “Film” erwarten sollte.

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Brot Und Tulpen

Brot Und Tulpen
Silvio Soldini . Italien 2000

Rosalba (Licia Maglietta) ist eine Hausfrau aus Pescara. Sie macht zusammen mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen Urlaub in Süditalien. Sie sind mit einer Reisegruppe unterwegs. Bei einem Halt an einer Raststätte fällt Rosalbas Ehering in’s Klo. Ihr gelingt es diesen zwar wieder heraus zu fischen, aber dadurch verpasste sie ihren Reisebus. Ihr Mann und die zwei Söhne bemerken erst ein paar Kilometer später, dass jemand fehlt. Rosalba will nicht an der Raststätte warten und versucht per Anhalter weiter zu fahren. Das nächste Auto fährt allerdings vorbei an Pescara weiter nach Venedig. Als sie in Venedig auch noch ihren Zug nach Pescara verpasst, beschließt sie kurzerhand ein wenig in Venedig zu bleiben. Dort trifft sie schließlich den eigenbrödlerischen Kellner Fernando (Bruno Ganz), den sie irgendwie interessant findet. Sie sucht sich einen Job in Venedig und findet dort zu sich selbst und anderen.

Baha ey. Ich blieb’ im TV hängen und siehe da… eine wirklich nette Komödie, die vor allem durch ihr Fehlen von jeglichem übertriebenen Kitsch besticht. Auch wenn man anfangs Rosalbas Motivation nicht ganz nachvollziehen kann (nur weil sie ihren Zug verpasst hat, nimmt sie gleich eine Stelle in einem Blumenladen an xD?) so lernen wir sie doch immer besser kennen und merken selbst, dass sie einfach viel besser nach Venedig passt. Schauspielerin Licia Maglietta bringt Rosalbas Aufblühen und Freude einfach wunderbar rüber. Bruno Ganz’ Rolle ist da ein wenig anders. Geheimnisvoll und undurchschaubar ist er anfangs. Das ändert sich erst relativ spät gegen Ende des Films. Die restliche Besatzung, allen voran der dicke Detektiv und Rosalbas Nachbarin sind auch durchweg symphatisch und bringen noch einen kleinen Tick mehr Witz in die Komödie.

Etwas verwundert war ich dann doch, wie interessant der Film über seine kompletten 120 Minuten Laufzeit blieb. Kann allerdings auch gut sein, dass es damit zusammenhing, dass ich rein gar nichts über den Film wusste. Ich zappte ja ganz jungfräulich rein. Es gibt zwar keine wirklichen Plottwists oder Überraschungen, aber durch Bruno Ganz undurchschaubaren Charakter und diverse andere Umstände bleibt der Film durchgehend interessant. Man weiß nicht wirklich, wie er enden wird. Man hofft einfach. So sind einem die Charaktere am Schluss an’s Herz gewachsen.

Eine DVD hätte ich jetzt nicht unbedingt gekauft und aufgehoben, aber wenn er im TV läuft kann man sich ihn ruhig mal anschauen, wenn man auf seichte und nicht kitschige Unterhaltung steht.

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Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert

Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert
(confessione di un commissario di polizia al procuratore della repubblica | italien 1971 | damiano damiani | dvd: koch media)

Der im Irrenhaus Einsitzende Lipuma wird mysteriöserweise freigelassen. Zwei Tage später stirbt er bei einer Schießerei im Anwesen des Unternehmers Lomunnos, ursprüngliches Ziel des Anschlags. Polizeikommissar Bonavia (Martin Balsam) untersucht den Fall. Dann schaltet sich auch der junge Staatsanwalt Traini (Franco Nero) ein, er glaubt fest an die Unfehlbarkeit der Justiz. Es stellt sich jedoch heraus, dass Bonavia in den Fall auf besondere Art verwickelt ist. Trainis Misstrauen wächst mit jedem Tag.

Damiano Damianis Der Clan… wirkt stellenweise wie eine weniger clevere – und weniger mutige – Version von Costa-Gavras’ Z, der zwei Jahre zuvor mit seiner pessimistischen und kompromisslosen Darstellung korrupter Machtstrukturen als besonderer Meilenstein in die Geschichte des politischen Films einging. Allein dieser Vergleich lässt den Clan nicht im schlechten Licht stehen. So gewann er doch im Jahr seiner Erscheinung den Hauptpreis des Moskauer Filmfestivals und wurde – nach Franco Neros Aussage – in mehr Länder verkauft als die Werke Leones und Fellinis es taten. Doch es bleibt ein wenig die Schwierigkeit, sich in die Situation der damaligen Zeit hineinzuversetzen, in denen diese Filme beim Publikum noch für weitaus größeren Aufruhr sorgten. Heutezutage ist das anders: Kritik an Regierung und Gesellschaft ist selbst in Hollywood-Blockbustern Gang und Gäbe, in manchen Fällen sogar zum selbstverständlichen Plotdevice geworden.

Dass sich hinter dem Clan dennoch ein durchaus lohnender Film verbirgt, ist vor allem in Damianis Herangehensweise zu begründen, die Kritiker als “kommerziell” oder “populistisch” abtun könnten: Die emotionale Konsequenz steht bei ihm an höchster Stelle. Der vergebliche Kampf gegen Korruption und Machtmissbrauch findet seinen Ausdruck in Bonavias verbittertem Gesicht, und am Ende auch in seinen Taten. Damiani schafft keine Distanz zum Geschehen, will auch nicht politische Komplexe in ihrer Gesamtheit ergründen. Er belegt exemplarisch am Einzelschicksal (siehe auch Töte Amigo) und bewegt den Zuschauer zum Mitleid – und damit zum Nachdenken. Den Vorwurf der Oberflächlichkeit und Vereinfachung kann man Damiani somit durchaus machen. Dass er jedoch gerade so ein größeres Publikum erreicht als mit akademischer Abstraktion, spricht unabhängig davon vor allem für seine Qualitäten als Filmemacher.

Weitere Erwähnung verdient der großartige Martin Balsam, Dreh- und Angelpunkt des Films. Wie er allein mit wenigen Gesten und seinen Gesichtsausdrücken eine derart humanistische Ausstrahlung verkörpert, ist absolut einmalig, sodass selbst Franco Neros übliches Charisma ein wenig untergeht. Und Riz Ortolanis einprägsames Titelthema tut sein Übriges, um die bedrückende Stimmung noch weiter zu steigern. Auch wenn am Clan, der seine Feinde lebendig einmauert eindeutig der Zahn der Zeit genagt hat – als filmhistorisches Dokument aus einer Zeit der Unruhe und des Umbruchs bleibt er auch heute noch höchst empfehlenswert.

Bonavia: Wo wohnen Sie?
Traini: Hier in der Nähe.
Bonavia: Passen sie auf, an einem der nächsten Tage könnte aus dem Hahn in ihrem Badezimmer Blut laufen. Oder sie bemerken eine defekte Stelle im Mauerwerk. Sie kratzen – und was kommt zum Vorschein: Ein Finger. Oder ein Auge.

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(Wer sich übrigens diesen bescheuerten dt. Titel ausgedacht hat, gehört in die selbe Zelle gesperrt, die bereits den Schöpfer von “zwei abgewichste Profis” beherbergt.)

Yankee

Yankee
(yankee | italien 1966 | tinto brass | dvd: koch media)

“Der Yankee” ist ein wohlgekleideter Gentleman, der durch den wilden Westen zieht, um Gangs – wie die vom “großen Concho” (Adolfo Celi) – den Garaus zu machen und das Kopfgeld einzustreichen.

Tinto Brass hat Yankee 1966 gemacht. Der Mann, der später mit Kitty Salon und natürlich der spektakulären Tittenkatastrophe Caligula (“der teuerste Porno aller Zeiten”) seine eigene, ganz spezielle Nische finden würde, war zu diesem Zeitpunkt scheinbar noch nicht sehr daran interessiert, gewisse weibliche Körperteile abzulichten. Er widmete sich viel mehr den Hauptströmungen der italienischen Filmindustrie und war wohl noch unsicher, welche Richtung seine Karriere einmal nehmen sollte. Dass Yankee dabei sein einziger Ausflug in den Italowestern bleiben sollte, ist schade, denn hier demonstriert er ein Händchen für extravagante Kamerarbeit und viele kleine spaßige Ideen.

So derivativ er auch sein mag – gar vor dreisten Leone-Abguckern wird nicht zurückgeschreckt – Yankee ist ein prächtig unterhaltender Film. Die Grenzen des Budgets lassen sich aus jeder Szene entnehmen, doch dafür füllen Brass und sein Kameramann Alfio Contini diese mit Schaufelladungen von einfallsreichen wie farbenfrohen Einstellungen und originellen Sets (das römisch-pompös eingerichtete Heim des Conchos ist da nur ein Beispiel). Mit Brass’ anderen Filmen bin ich nicht vertraut, weiß also nicht, ob sich diese visuelle Klasse auch in späteren Werken durchgesetzt hat, aber angesichts des Kultes um Brass müsste davon auszugehen sein. Jedenfalls wäre es nicht falsch, Yankee in seiner psychedelischen Einzigartigkeit neben Giulio Questis Django Kill oder Enzo G. Castellaris Die Totengräber warten schon einzuordnen.
Leider holen die großen Löcher im papierdünnen Plot die angenehm schnell voranschreitenden Handlungen in Yankee relativ schnell ein, sodass sich gegen Ende des zweiten Aktes einige Längen einschleichen. Die Katz-und-Maus-Jagd im verlassenen Dorf realisiert Brass auf humorvolle, abwechslungsreiche Art – aber sie ist einfach zu lang. Im Anschluss stellen sich die zu erwartenden, üblichen Storywendungen und Konfrontationen ein, welche schließlich zu einem vorhersehbaren, unbefriedigenden Finale führen. Dafür machen die Schauspieler einen postivieren Eindruck: Adolfo Celi als Bösewicht ist zwar nichts Neues; gerade diese Vertrautheit hat mir persönlich durchaus gefallen. Philippe LeRoy macht wirklich Spaß (vor allem in Verbindung mit der brauchbaren dt. Synchro): Sein freches wie cooles Auftreten in gepflegtem Anzug erinnerte mich nicht nur einmal an Gianno Garkos Sartana. Dreckige, auf Rache sinnende Cowboys gibt’s in Yankee darum nicht. Brass und Freunde haben mit diesem Protagonisten das Rad nicht neu erfunden, doch für Abwechslung sorgt es allemal.

Die neue DVD von Koch präsentiert den Film zum ersten Mal auf DVD. Sie ist nicht ganz so gut geworden wie bei Töte Amigo: Der Transfer ist solide, kaum verblasst und nur selten von Kratzern und Schmutz gestört. Bei einem derart obskuren und alten Film erwarte ich da nicht mehr. Die deutsche Synchronisation hat mir richtig gefallen, weder zur hölzern noch zu Brandt-mäßig prollig. Man kann sich aber auch die italienische Version mit dt. Untertiteln geben.

Extras gibt es ausser Trailern und einer Bildergallerie leider nichts. Zwar ist auf der Koch-Site ursprünglich ein Interview mit LeRoy angekündigt worden, auf der Disc ist davon leider nichts zu finden. Schade. Alles in allem eine recht gute Veröffentlichung. Dafür, dass Koch Media diese Filme trotz ihrer offensichtlich kaum vorhandenen Rentabilität rausbringen, haben sie natürlich weiterhin meinen großen Respekt und ich kann kaum erwarten zu sehen, was als nächstes auf den Tisch kommt.

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Töte Amigo

Töte Amigo
(quien sabe? | italien 1966 | damiano damiani | dvd: koch media)

Das blutige Finale der Revolution lodert über Mexiko. “Im Namen des Vaters!” schreit El Santo (Klaus Kinski), der Heilige, und wirft eine entsicherte Handgranate in den Kasernenhof der Regierungstruppen, die gerade ihren Morgenappell abhalten. El Santo gehört zur Bande von El Chuncho (Gian Maria Volonté) und dem geheimnisvollen Amerikaner Bill (Lou Castel), genannt El Gringo. Gemeinsam stürmen sie das Fort, um Munition und Waffen zu erbeuten und diese an den Revolutionsgeneral Elías zu verkaufen.

Damiani hat hierzulande vielleicht den größten Bekanntheitsgrad durch die preisgekrönte Miniserie Allein gegen die Mafia erlangt. Wie andere Regisseure verließ er gegen Ende der Siebziger das sinkende Schiff der italienischen Filmindustrie, um sich dem Fernsehen zu widmen. Zuvor jedoch drehte er mehrere politisch ambitionierte Filme u.a. mit Franco Nero, die sich durch ihre Tiefe und beißende Kritik vom oberflächlichen italienischen Populärfilm abhebten. Zu diesem Ouevre gehört auch Töte Amigo, sein einziger ernste Beitrag im Genre des Italowesterns (vom lahmen Auftragsklamauk Nobody ist der Größte mal abgesehen). Wobei es sich hierbei allerdings um ein derartiges, Genregrenzen transzendierendes Meisterwerk handelt, dass es fast schon unfair wäre, Töte Amigo bloß als weiteren Italowestern einzustufen (und nach dem auf der DVD enthaltenen Interview würde Damiani mir da zustimmen).

Ganz offensichtlich wurde der Film mit einem weitaus größerem Budget realisiert, als es damals für ähnliche Werke üblich war (außer man heißt Leone), was zur Tragweite des Films passt. Denn: Töte Amigo ist bei weitem kein B-Movie, nichtmal ein Genrefilm, sondern eine tiefschwarze, scharfsinnige Reflexion über den Irrsinn blutiger Revolution und politischer Unterdrückung. Mit Sarkasmus und Tragik zeigt Damiani, wie ideologische Bestreben, der Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit, zu bloßem Vorwänden zur Erfüllung von Gier und persönlichem Wohl verkommen. Das arme mexikanische Volk leidet am meisten, gerät es doch stets zwischen die Fronten der reaktionären Regierung und den verblendeten Revolutionären. Und obwohl Damianis Sympathien eindeutig bei den Revolutionären liegen, zweifelt er an ihren Methoden, durchschaut ihre adaptive Loyalität, welche sich immer dahin wendet, wo es das meiste Geld zu holen und die meisten Soldaten zu töten gibt. An niemandem wird ein gutes Haar gelassen; bloß der mysteriöse Bill – sein Charakter ein einziger Geniestreich – gibt weder seinem Freund El Chuncho noch dem Zuschauer einen Hinweis auf seine Motive. Erst beim großartigen Ende wird deutlich, was auch auf ohnehin alle zutrifft: Hier gibt es keine eindeutigen Seiten, kein Gut und Böse, nur unterschiedlich groß gefüllte Brieftaschen.

Zwischen Arroganz und Kühle spielt Lou Castel Bill, was allerdings oft so weit geht, dass El Chunchos “Freundschaft” mit ihm nicht wirklich nachvollzogen werden kann. Obwohl man meinen könnte, dass Gian Maria Volonté in allen Western, in denen er mitspielt, irgendwie immer derselbe Charakter ist, brilliert auch er durch seine durchdringende Intensität und Energie. Kinski bleibt auf eine Nebenrolle beschränkt, von der ich persönlich gerne mehr gesehen hätte, aber man kann halt nicht alles haben.

Mit seinen fantastischen Bildern, den abwechslungsreichen Sets und Locations, und vor allem dem hervorragenden Drehbuch lässt sich Töte Amigo ohne weiteres als ein Klassiker bezeichnen. Damianis Message wird stets eindringlich, nie plump vermittelt, und leider entbehrt diese auch heute nicht einer gewissen Relevanz. Spätere italienische Filme widmeten sich ebenfalls der mexikanischen Revolution – von denen höchstens Leones Todesmelodie die Klasse von Damianis Werk erreicht. Interessanterweise merkt man an dieser ungeschnittenen Version des Films immer am Wechsel zum englischen Ton, wo früher in der dt. Fassung die Schere angesetzt wurde – bei Passagen, die Damianis Aussage besonders herausstellen und im damaligen politischen Klima wohl als zu heikel angesehen wurden. Insgesamt sind das einige, für den Film immens wichtige Minuten.

Die neue DVD von Koch Media ist mehr als ordentlich. Auch das schmale, edle Digipak, dessen Cover minimalistisch und geschmackvoll gestaltet wurde macht Eindruck. Dazu kommen informative Interviews mit Damiano Damiani und Lou Castel, mehrere Trailer, eine Bildergallerie und ein direkt in die Innenseiten des Cases gedrucktes Essay von Wolfgang Luley. Das Ganze für nur €9,90. Toller Film, tolle DVD. Bitte kaufen.

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Django Kill (…If You Live, Shoot!)

Django Kill (…If You Live, Shoot!)
se sei vivo spara | italien 1967 | giulio questi | dvd: blue underground

Eine Bande amerikanischer Banditen überfällt mithilfe einiger Mexikaner einen Goldtransport. Doch anstatt das Gold mit den Mexikanern zu teilen, erschießen sie diese lieber, darunter auch den “Fremden” (Tomas Milian), wie er im weiteren Verlaufe des Filmes genannt wird. Die Amerikaner ziehen weiter in eine Stadt, in der scheinbar alle völlig krank im Kopf sind. Der Fremde hingegen wird von zwei Indianern auf wundersame Weise wiederbelebt, steigt aus seinem Grab auf und macht sich auf, Rache zu üben.

In der der BU-DVD enthaltenen (sowie höchst sehenswerten) Interview-Featurette ‘Django Tell’ bezeichnet Tomas Milian Questis Werk treffend als “cult of the cult” – und seinen notorischen Ruf als einer der abgefahrensten Italowestern überhaupt hat Django Kill (welcher natürlich nur aus Werbezwecken international den “Django”-Namen verpasst bekam) dann auch tatsächlich verdient. Questi serviert eine unvergessliche Szene nach der anderen, viele von ihnen auch höchst brutal. Allein schon die Anfangssequenz, in der Tomas Milians Charakter sich aus seinem Grab erhebt, deutet sich eine religiöse Metaphorik an, die später in einer Art Kreuzigungsszene ihren Höhepunkt findet. Dabei ist Questi nie auf plumpe Sensationsmache hinaus; zwischen schwarzem Humor und zynischem Gesellschaftskommentar bedient er eine Nische innerhalb des Genres, in der sonst nur Sergio Sollimas Westerntrilogie ihre Spuren hinterlassen hat. Dabei kommt er in Sachen Aussagekraft nie an diese heran; seine Symbolik ist dafür zu plump, der kritische Ansatz zu forciert.


Aber in einem Atemzug mit Sollima genannt zu werden, ist schon ein Lob für sich. Die Ideen, die verarbeitet werden, reichen von Sadomasochismus bis zu amüsanten homosexuellen Anspielungen. Im Subplotwirrwarr habe ich zwar nach den zwei Stunden Laufzeit nicht mehr wirklich durchgeblickt – der Fremde, natürlich äußerst intensiv und charismatisch von Milian gespielt, folgt den Amerikanern in die Stadt, tritt zunächst scheinbar der Bande Sorrows (Roberto Camardiel) bei, versucht auch noch, Evan (Ray Lovelock), dem einzigen Unschuldigen in der Stadt zu helfen, gerät dabei aber in die Schusslinie des zwielichtigen Hagerman (Francisco Sanz), der seine Frau in einem Raum eingesperrt hat und allen erzählt, sie sei geisteskrank.

Am Ende ist die ganze Stadt auf der Jagd nach dem Gold – klar – und die Art und Weise, wie sich die Stadtbewohner gegenseitig unter dem Vorwand der Gesetzesausübung auseinandernehmen, hat Questi in bitterböser Konsequenz inszeniert. So unterhält Django Kill bis zum Ende, auch wenn die surrealen Schlüsselszenen im Gesamtkontext oft wenig nachvollziehbar bleiben. Zum ganz großen Klassiker reicht es daher zwar nicht, doch Giulio Questis einziger Western ist definitiv in den oberen Rängen des Genres anzusiedeln.

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Seine Kugeln pfeifen das Todeslied

Seine Kugeln pfeifen das Todeslied
il pistolero dell’ave maria | italien 1969 | ferdinando baldi | dvd: marketing film

Rafael (Peter Martell) findet eines Tages seinen alten Jugendfreund Sebastian (Leonard Mann) auf einer Ranch wieder. Obwohl Sebastian glaubt, dass seine Mutter tot ist, erzählt ihm Rafael, dass seine Mutter in Wahrheit lebt, da sie damals seinen Vater und Rafaels Mutter ermorden ließ und nun mit dem Mörder zusammen lebt. Gemeinsam machen sie sich auf, um Rache zu üben.

Eigentlich schwer vorstellbar, dass Ferdinando Baldi hinter diesem Film steckt, denn immerhin legte er gerade einmal 2 Jahre später mit Blindman den wohl wüstesten Sleazetrip der Westerngeschichte vor. Wohl ein weiteres Indiz für die Flexibilität, die italienischen Regisseuren in den 60ern und 70ern abverlangt wurde. In Seine Kugeln pfeifen das Todeslied wurde jedoch die oft präsente moralische Ambivalenz des Genres mit einem saftigen Bissen Melodrama ausgetauscht. Wie dick hier aufgetragen wird, ist zunächst einmal gewöhnungsbedürftig; unglücklicherweise ist der ansonsten starke Score Roberto Pregadios auch häufig so platziert, dass er dem ohnehin überzeichneten Konflikt auch noch eine kräftige Kitschnote verleiht.


Was nicht heißt, dass hier auf die übliche Palette Schlägereien, Friedhofszenen, Mexican Standoffs und verprügelter Frauen verzichtet wird, im Gegenteil. Baldi inszeniert stilsicher und lässt seine Charaktere geschwind durch die ansehnlichen Sets pflügen. Etwas wirklich einzigartiges lässt der tausend mal in dieser oder jener Form durchgespielte Racheplot aber eben auch nicht zu, obwohl mehr hätte gemacht werden können – vor allem aus der Mutterfigur. Mann und Martell sind ordentlich als Protagonisten, dabei ist ihr größtes Problem die fehlende Interaktion miteinander. Ihre Beziehung bleibt bis zum Ende oberflächlich und fast schon formal, von Jugendfreundschaft ist wenig zu sehen. Ihre jeweilige Daseinsberechtigung verdienen sie sich allein durch das mehrmalige Retten des Anderen.
Auch Tomas (Alberto De Mendoza, der ein bisschen wie Michael Douglas aussieht) als fieser MILF-Liebhaber bleibt eine bloße Karikatur, der Cast ansonsten gefüllt von überflüssigen Randfiguren wie der hübschen Schwester Sebastians (Pilar Velázquez).

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei Seine Kugeln pfeifen das Todeslied um solide Westernunterhaltung vom Reißbrett, die sicher nicht in der Liga der drei Sergios mitspielt, man sich an einem langweiligen Nachmittag jedoch ruhig mal anschauen kann.

(Hier noch der rather corny deutsche Trailer. Irgendwie haben sie früher Trailer immer total überflüssig lang gemacht?)

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Contraband

Contraband
luca il contrabbandiere | italien 1980 | lucio fulci | dvd: blue underground

Luca (Fabio Testi) ist Teil eines Syndikates, dass in Neapel mit Motorbooten Zigaretten schmuggelt. Als seine Bande bei einer Lieferung plötzlich auffliegt und obendrein noch sein Bruder erschossen wird, fällt der Verdacht auf den lokalen Konkurrenten Scherino (Ferdinand Murolo), doch es stellt sich heraus, dass jemand ganz anderes ein Stück vom Kuchen abhaben möchte.

Im Lauf seiner Karriere versuchte sich Lucio Fulci neben seinen hinlänglich bekannten Gore-Orgien auch an anderen, damals populären Genres. Contraband ist sein einziger Ausflug in die Welt des Crime/Polizeifilms, und das zu einer Zeit, als das italienische Genrekino schon längst am Absaufen war. Dass man ihm hier trotzdem ein angenehm großes Budget anvertraut hat, merkt man schon an der Eröffnungsszene, einer zwar etwas lustlos geschnittenen, aber dennoch recht aufwändig gefilmten Motorbootjagd. Es entwickelt sich das übliche Kammerspiel zwischen Intrigen, Rache und Verrat, angetrieben von Poliziotteschi-Veteran Fabio Testi, nicht in seiner besten Rolle, aber sympathisch wie immer, im späteren Verlauf gesellt sich dann auch noch der charismatische Marcel Bozzuffi (French Connection) als Oberfiesling dazu.


90 Minuten leicht verdauliche, spaßige Italo-Action also, bei der es sich Fulci ganz zum Vergnügen des Zuschauers auch nicht nehmen lässt, hier und da ein paar ordentliche Splattereinlagen zu spendieren. Neben der längst legendären Pistole-im-Mund-Szene (s.o.) wird einer hübschen Frau auch noch das halbe Gesicht abgefackelt, Köpfe werden zerfetzt, Bäuche aufgeschossen, dazwischen immer wieder die hübschen Titten von Ivana Monti. All das unterlegt Routinier Fabio Frizzi mit einem treibendem Score zwischen Disco und Crimejazz.

Sicherlich kein Meisterwerk also, und als tatsächlich hochwertiger Poliziesco auch nicht wirklich ernstzunehmen – dafür sind einige Szenen einfach zu bizarr und der Plot zu verwirrend – doch im Gesamtkatalog Fulcis sicherlich ein oft zu leicht übersehenes kleines Bonbon.


(Jap. Poster! xD)

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