Re-Cycle
Buchautorin Ting-Yan ist eine erfolgreiche Schriftstellerin, die gerade an ihrem dritten Buch arbeitet mit dem Namen “Re-Cycle”. Als sie das Buch zu schreiben beginnt, bemerkt sie, dass ihr alles was sie aufschreibt selbst passiert. Nach einer Reihe seltsamer Ereignisse in ihrer Wohnung landet sie tatsächlich in einer komplett fremdartigen Welt.
Re-Cycle hätte das beste Horrordrama des neuen Jahrtausends werden können: Mit superdicken Bildern, einer großartigen Storyidee, tollen Schauspielern, aber vor allem eins: Einer ziemlich nachdenklich stimmenden Aussage. Was der Film letztendlich bloß besitzt sind die superdicken Bilder. Aber, und jetzt kommt’s: Ich kann die meist vernichtenden Kritiken trotzdem nicht ganz verstehen. Wie bei Silent Hill schon reichen eigentlich allein schon die Bilder aus, um die Story voranzutreiben.
Die Idee ist natürlich die: In der “Re-Cycle” Welt landen alle Gegenstände, Lebewesen und Gedanken die die Menschen vergessen oder verlassen haben. Es ist der Schrottplatz der weggeworfenen Spielsachen aus der Kinderzeit, der Toten, die längst vergessen wurden aber auch derjenigen, die nie eine Chance hatten zu leben. Das verworfene Manuskript zum Bestseller landet hier ebenso wie deine Großmutter.
Die Pang Brothers hätten dem Film eine echte kraftvolle Aussage verleihen können, die den Bildern gerecht wird. Leider verbringen sie den Großteil des Films damit, Hauptdarstellerin Angelica Lee (deren emotionales Spektrum sich meist auf einen “Verwundert und schockiert von links nach rechts schauen”-Blick beschränkt) von einer abgefahrenen Szene zur nächsten zu jagen. Das hat beinahe Videospielcharakter und wird manchmal echt trivial blöde (“Passiere diese Brücke mit angehaltener Luft!”), doch die Bilder, wie ihr vielleicht erahnen könnt, machen beinahe alles wett. Was hier aufgetischt wird ist der reine Hammer – nicht nur aus technischer Sicht – die Spezialeffekte machen neuen Hollywoodblockbustern locker Konkurrenz – sondern vorallem auch aus kreativer. Stets fragt man sich, welche sicken Einfälle die Pang Brothers als nächstes auf die Bildfläche treten, und da wird man nicht nur einmal seine Kinnlade wieder in die Ausgangsposition zurückbewegen müssen.
Es wird kaum erklärt, was da eigentlich geschieht, man kann sich darauf rausreden, dass es dem Film die Mystik bewahrt und Fragen absichtlich offen lässt, aber vermutlich haben sich die Drehbuchautoren einfach darauf verlassen, dass die Bilder den Zuschauer flashen. Ja, die Story ist dünn, und es ist echt sehr, sehr ärgerlich darüber nachzudenken wieviel mehr man daraus hätte machen können…
Aber was soll’s. Die Pang Brothers machen dennoch ein paar nette moralische Andeutungen und drücken auch ein paar Mal auf die Tränendrüse (und die Grenze zum Kitsch ist nicht weit); sie inszenieren den Film mit tollen Kamerafahrten, dazu gibt es nice Musik und perfektes Sounddesign. Überraschenderweise ist dann sogar das Ende eine ziemlich interpretationsabhängige Angelegenheit, was ich eigentlich gar nicht mehr erwartet hätte.
Wenn man bedenkt, dass ich im Hinblick auf die im Internet verfügbaren Rezensionen einen noch viel seichteren Film erwartet habe, bin ich jedoch mehr als zufrieden. Re-Cycle besticht durch seine Bilder, ist sich unsicher, ob er eigentlich mehr als nur das tun will (und schön wäre es gewesen). Da muss man für sich selbst entscheiden, ob einem die magere Story als Vorwand für die Visuals ausreicht.
Für mich steht fest: In Sachen Unterhaltungsfilm gibt es dieses Jahr vermutlich nichts geileres aus Asien. Nichts.