Frau im Mond (Deutschland, 1929; Regie: Fritz Lang)
40 Jahre vor der ersten bemannten Mondlandung brachte “Frau im Mond” die Kinozuschauer ins Träumen, setzte den Standard des noch heute verwendeten “Countdowns” und war zugleich einer der letzten deutschen Stummfilme, wenn nicht sogar der letzte große Stummfilm überhaupt.
Hieb- und stichtfest ist jedoch die Tatsache, dass es der letzte Stummfilm von Fritz Lang war, welcher bereits für Meisterwerke wie “Metropolis” oder eine Reihe von “Dr. Mabuse”-Filmen verantwortlich war. Später sollte dieser auch Werke wie “M – Eine Stadt sucht einen Mörder” schaffen.
Fritz’ Leben war ebenso verstrickt wie die Frage um das Drehbuch von “Frau im Mond”. Offiziell von seiner damaligen Ehefrau Thea von Harbou geschrieben, reklamierte er Ideen daraus doch sein Eigen. Angeblich habe seine Frau Lorbeeren eingeheimst, da sie zur damaligen Zeit seine Sympathien inne hatte und zusätzlich seine Affäre zur Schauspielerin Gerda Maurus akzeptiere.
Gerda Maurus spielt in “Frau im Mond” eben jene Astronomiestudentin Friede Velten, welche eine für damalige Verhältnisse starke Frau wiederspiegelte und wiederum dann doch ein Plädoyer für die Handschrift einer Drehbuchautorin (sprich Lang’s Ehefrau) darstellt. Friede ist die Verlobte des Ingenieurs Windegger (Gustav von Wangenheim), welcher Arbeitskollege und bester Freund des Hauptprotagonisten von “Frau im Mond” – Wolf Helius (Willy Fritsch) – ist. Der Flugwerftbesitzer glaubt fest an die Theorie seines Freundes und Mondexperten Professor Georg Manfeldt (Klaus Pohl), welcher zwar alt und geschunden ist, aber noch immer fest der Überzeugung ist, dass Wasser, Sauerstoff und viel Gold auf der Rückseite des Mondes vorzufinden sei. Professor Manfeldt wird dafür von der Fachwelt verspottet und zieht sich bis ins hohe Alter mit seinen Manuskripten in seine bescheidene Wohnung zurück.
Bei einem Besuch von Helius nimmt das Chaos seinen Lauf – ein Herr Turner (Fritz Rasp) aus Chicago tritt auf den Plan, welcher von Professor Manfeldt abrupt aus seinem Haus geworfen wird. Der Professor hat nichts mehr außer seinen Glauben an seine Theorie zu verlieren, doch fürchtet er dass diese Erkentnisse in die falschen Hände geraten könnten. So bittet er Helius, diese für ihn in seinem Safe sicher zu verschließen.
Doch schon bei der Heimfahrt wird der Protagonist Opfer von Betäubungsmittel vergifteter Lilien, während zu Hause Herr Turner mit Komplizen unter falschem Decknamen und einem gefälschten Empfehlungsschreiben Baupläne aus dem Büro von Helius stehlen kann – obwohl die Hausdame ein scharfes Auge auf ihn wirft.
Turner gibt sich im Verlauf dieser Verkettungen vor Helius zu erkennen und erpresst diesen um eine Mitfahrt in seinem Raumschiff “Friede” zum Mond. Er vertrete die Interessen von fünf Kaufleuten, die schon jetzt die kommerzielle Ausbeutung des Mondes um seine Goldreserven planen und organisieren wollen. Falls den Forderungen binnen 24 Stunden nicht nachgekommen werden sollte, wird die Werft explodieren, was nicht nur Menschenleben gefährdet, sondern auch Helius’ Träume einer Mondlandung.
Widerwillig entscheidet er sich für das kleinere Übel und tritt die Reise zusammen mit dem Erpresser, seinem Freund und Kollegen Windegger, dem blinden Passagier Gustav (Gustl Stark-Gstettenbaur, Sohn von Helius’ Chauffeur) und Friede Velten an. Welche zwar mit Windegger verlobt ist, für die er dennoch Gefühle empfindet und sie anfänglich nicht dabei haben möchte. Zu ihrem eigenen Wohlbefinden.
Diese Vorgeschichte zu dem eigentlichen Handlungsstrang erstreckt sich bereits über eine Stunde, was knapp vor der Hälfte des Films liegt. Und genau hier liegt der Hund begraben: Mit 161 Minuten in der restaurierten Fassung verschwendet der Film aus heutiger Sicht zu viel Zeit mit der Aufbereitung der Vorgeschichte. Zudem ist diese mit zu vielen Handlungssträngen gesprickt, welche zwar dem Zuseher einen Detailreichtum vorspielen – beispielsweise die Sequenzen der fünf Kaufmänner, welche Herrn Turner beauftragt haben – jedoch im weiteren Verlauf der Geschichte jeglichen Bezug verlieren und im Nirwana stranden. Kurzum: Welche für den Plot ohne weitere Bedeutung sind und dessen Ausradierung der Erzählgeschwindigkeit einen Gefallen getan hätten. Diese Langatmigkeit ist (leider?) ein weiteres Indiz der Handschrift von Thea von Harbou. Bewusst hat sie einen starken weiblichen Charakter in die Mitte der Protagonisten gesetzt, welche aber keineswegs dem opulenten Titel “Frau im Mond” erklärt. Zu keinem Zeitpunkt steht Friede Velten derart im Mittelpunkt, dass der Filmtitel eine komplette Konzentration auf sie rechtfertigen würde.
Zusätzlich sind die charakterlichen Verstrickungen der Protagonisten im späteren Verlauf des Films abstrus. Windegger trifft Fehlentscheidungen, wird illoyal und ein wenig verrückt. Professor Manfeldt will unbedingt auf die Mondoberfläche, tut dies alleine und bringt unnötige Spannungen in das Team. Turner entscheidet sich zu einer Meuterei, zu der kein Anlass besteht und sich nicht mit dem Geschichtsverlauf am Anfang deckt.
Durchaus amüsant sind die technischen Details, welche damals natürlich auf die lückenhaften wissenschaftlichen Kenntnisse zurückzuführen sind. Die Rakete startet in einem Wasserbehälter und schießt urplötzlich in übertrieben hoher Geschwindigkeit gen Himmel. Das tut der imposanten Darstellung der Rakete und der Werft aber keinen Abbruch. Die Darstellung des Mondes ist dafür umso abstruser – Sauerstoff und heiße Krater an der Oberfläche, sowie ausgedehnte Höhlensysteme? Selbst mit dem damaligen Wissen wurde die künstlerische Freiheit sehr weit gedehnt.
Fazit:
Fritz Lang’s “Frau im Mond” ist geschichtlich gesehen ein wichtiger Film, wegen mehreren Faktoren. Von seiner Erzählkunst und Ausdrucksweise hinkt sein letzter Stummfilm jedoch weit seinen als Meisterwerke titulieren Filmen “Metropolis” oder “M – Eine Stadt sucht einen Mörder” hinterher. Nicht nur die Langatmigkeit einiger Situationen lässt den Film holprig erscheinen, auch die Handlung versickert im Mondstaub. Die Grundmotivation des Films verschwimmt und die Motive des Films bleiben ungelöst zurück. Dennoch geizt der Film nicht mit bemühten Kameraeinstellungen und einem schönen Setting.
P.S.: In wenigen Tagen ist es soweit. Dann feiert die tatsächliche Mondlandung ihren 40. Geburtstag. Happy Birthday!
P.P.S.: Den Film gibt es zum legalen Download, u.a. hier: http://tinyurl.com/frauimmond (Torrent) – leider bieten nicht viele Seiten ihn zum Download an, was ich verwunderlich finde. Das Video auf Google Videos ist im übrigen nur der erste Teil des Films, der zweite ist auf dem Video-Portal von Google allerdings nicht zu finden.