Disposable Hero

DISPOSABLE HERO
e u p h o r i a | 1 9 9 3 | a m i g a

Mitte des 24. Jahrhunderts überschritt der Mensch zum ersten Male die Grenze zwischen den Sternensystemen. Das Jahr 2723 brachte dem Menschen die Gewissheit, zusammen mit einer anderen intelligenten Lebensform im All zu leben. Anfang des 29. Jahrhunderts wurde der Bund der freien Welten durch unbekannte Kräfte attackiert, was den großen Krieg zur Folge hatte, bei dem beinahe die Hälfte der Bevölkerung der freien Welten ausgelöscht wurde und deren Technologie auf das Niveau der Erde im 20. Jahrhundert zurück fiel. Im Jahre 2867 wurde eine kleine Gruppe von Frauen (!) und Männern ausgewählt, die das spezielle Einsatzkommando “D-Hero” bildeten. Sie sind die letzte Hoffnung, die verlorene Technologie wieder zurück zu holen und den Frieden zu sichern.

Bist du bereit?


(Stage 1 hat keinerlei Probleme damit, gleich mal ziemlich dicke Gegner auf uns loszulassen. Und das werden keine Einzelfälle bleiben.)

Ja, das ist eine gute Frage. Ich war es nicht. Ich war nicht bereit, als ich nach Jahren mal wieder Disposable Hero zockte und gleich in Stage 1 das zeitliche segnete und es nichtmal bis zum Endboss schaffte. “Uff!”, dachte ich. Disposable Hero ist ein ganz schön forderndes Stück Software. Es ist sozusagen Kackschwer. “Elend und kackschwer? Wie geht’n das?”, höre ich Blockbuster schon sagen, aber es ist alles halb so wild, wie es den ersten Anschein hatte. Schon beim zweiten und dritten mal spielen erlebt man hier einen Progress, der einem Freude bereitet. “Soso, hier kommen nun von unten Gegner, vorsicht… ja schön. Ach und hier ist gleich eine Werkstatt, geil. Da flieg ich doch gleich mal rein und hab’ wieder volle Energie!”. So hangelt man sich von Checkpoint zu Checkpoint und bemerkt gar nicht, wie das Spiel immer einfacher und einfacher wird.

Und ist der erste Schock erst einmal überwunden, kann man sich ganz und gar auf die Geilheit von Disposable Hero einlassen. Wobei Geilheit hier eher Kleinigkeiten umfasst, als bahnbrechende Neuerungen. Und das ist gut so. Disposable Hero macht alles richtig, was unzählige schlechte Arcadeports und missratene Spiele falsch machten. Das Scrolling ist einfach butterweich, die Steuerung des Schiffs gehorcht auf’s Wort, die Ladezeiten sind für die Grafikpracht einfach ultrakurz und die Gegnerformationen sind nicht so repetiv, altbacken und arschig, wie einst in Project X (Gott hab’ es seelig).


(Oben: Die Hintergründe sind in aller Regel hurendetailliert. | Unten:: Ja, das Feuer ist hurenflüssig animiert. Ja, der Typ bewegt sich.)

Eine kleine aber feine Sache ist z. B. das Waffensystem. Man sammelt nicht einfach nur lame Powerups auf und bekommt dann unter Umständen Waffen, die man eigentlich gar nicht wollte, sodass man augenblicklich kotzen möchte und beim Versuch nicht auf den Amiga zu kotzen, sondern eine Xbox, direkt mal ein Bildschirmleben abgeben muss, da man zu sehr mit dem Joypad wackelte. Nein… *schnauf* man sammelt hier einfach statt dessen Blueprints ein. Diese Blueprints müssen die Ingenieure in der Werkstatt erst einmal übersetzen, da sie außerirdische Technologie darstellen und dann natürlich auch bauen. Das bedeutet man muss warten, bis die Waffen fertig sind und einem zur Verfügung stehen. Im Werkstattscreen sieht man die verbleibenden Sekunden (3 Sekunden können hier eine Ewigkeit sein!) bis man eine Waffe endlich benutzen kann. Dazu kommt, das man nicht einfach ein Blueprint nach dem anderen an’s Schiff kleistert, sondern auch die nötigen Engines dafür braucht. Batterien. Strom. Energie eben. Einmal eine neue Engine installiert, lassen sich nun entweder mehr oder stärkere Waffen am Schiff anbringen. “Das klingt jetzt aber auch nicht viel anders, als ein normales Power-Up System, du lamer Wichser?!”, höre ich euch jetzt sagen, aber lasst mich euch eins sagen; Alter, wollt ihr mich verarschen, ihr dreckigen Bastarde, passt auf, was ihr sagt, sonst #%&! Ach ja und bezüglich des Waffensystems; Doch, ist es. Das Blueprint Gedöns ermöglicht erst den strategischen Einsatz unserer Waffen. Diverse Gegner sind ggf. leichter mit Sideshot zu eliminieren, während man an einer anderen Stelle eher Spreadshot und Granaten braucht. Das ganze macht mehr Spaß als man glaubt und Hottehüh ertappt man sich dabei, die verschiedensten Waffenkombinationen auszuprobieren. Ach und ich sprach es schon an, nie wieder ausversehen Power-Ups nehmen, die man eigentlich gar nicht wollte.


(Oben: Der Werkstattscreen. Hier wählt ihr eure Waffen nach Belieben aus. Süß, wie ein Gruß an TRSI drin versteckt wurde. | Unten: Ehm Baha? WIE GEIL SIEHT ES BITTE AUS? 256 Farben anyone? Aka es sind nur 32? >:OO)


Das bei derartiger Qualität die Grafik nicht zurückstecken sollte, dürfte jedem klar sein. Und wie geil ist das denn bitte? Auch die Grafik ist einfach mit das hurendickste, was wir jemals am Amiga zu sehen bekamen? Angefangen vom dicken Titlepic, mit dem coolsten Helden ever, bis hin zu den kleinen Schmankerln wie Partikelblut, herumfliegende Patronenhülsen, Wassereffekt, flackernden Leuchstoffröhren und zerberstendes Glas, wird einem hier so einiges Geboten. Die Level warten mit tollen detaillierten Backgrounds auf, haben alle jeweils ein Thema und sind in sich so absolut stimmig, das fast schon so etwas wie Atmosphäre entsteht. Und das bei einem Shmup. Als wäre das noch nicht genug sind die Levels, sowie die Gegner einfach super detailliert gepixelt und hervorragend animiert. Ganz gleich ob kleiner Minigegner oder hurendicker Boss. Geile Explosionen und nice Rauch beim Abstürzen des eigenen Schiffes komplettieren die detaillierte Grafik, die einem nur noch die Hose explodieren lässt. Außer man ist hurenlame und hat eine Xbox, dann sollte man sich aber umgehend selbst töten.

Musikalisch gesehen gingen die Jungs von Euphoria einfach mal ein etwas weniger ausgelatschten Pfad entlang und spendierten Disposable Hero einen wahrlich einzigartigen und stimmungsvollen Elektrosoundtrack der sich von allen bisher dagewesenen Shmups am Amiga deutlich abhebt. Fast erinnert es ein wenig an Techno, wenn das Titelbild kommt und die Elektromukke anfängt, aber schon bald merkt man, das hier nicht einfach nur Billigtechno der Marke Scooter (Haha, Penance. Scooter!!!) auf einen einprasselt, sondern ausgewählte Sounds, die zuweilen an elektronische Furzgeräusche erinnern. Der Sound im Spiel entpuppt sich als nicht minder geil und da ist es klar, das die Explosionen knackig klingen, aber nicht nerven und die Gegner alle passende Geräusche und vor allem dicke dicke Schusssounds von sich geben, das man reflexartig in Deckung geht.


(Oben: Das Unterwasserlevel. Frutti Di Mare. | Unten: Stage 5 ist rather bunt, aber keine Angst vor RGB. Es sieht trotzdem noch sehr sehr geil aus.)

Aber was soll das. Bei all der Lobhudelei muss ich auch sagen, das Disposable Hero nicht perfekt ist. Als erstes dürfte einem der fehlende Schusssound des eigenen Schiffes auffallen. Das der Sound, den man das Spiel über am häufigsten hören wird, nicht nervig sein solte, ist ja klar. Aber GAR KEINER? Das ist anfangs etwas verwirrend und evtl. technisch notwendig gewesen, aber so ein klein wenig Geräusch hätte ich schon gerne gehabt beim Scheißen. Aka Schießen natürlich. Kleiner Freudscher Vertipper. Des weiteren muss ich mich etwas wundern, da es in Disposable Hero oft Gegner gibt, die man mit der vorhandenen Waffenpower einfach gar nicht abschießen kann und ihnen einfach nur ausweichen muss. Ein toller Walker in Stage 1 z. B. Er sieht toll aus, ist aber ca. nur 2 Sekunden im Bild und ich kann ihn nicht einmal abschießen. Warum? Da hätte ich mir eine bessere Balance zwischen Gegner/Waffenpower gewünscht. Ansonsten bleibt aber nicht viel zu meckern. Das zweite, später auswählbare Schiff, ist wohl etwas unnötig, aber das kann genauso gut Geschmackssache sein. Ich flog bislang stets nur mit dem von Anfang an erhältlichen Schiff.

Fazit: Ist Disposable Hero nun das dickste Shmup am Amiga? Ja, ist es. Einige Amigaveteranen mögen mich steinigen, da sie wohl eher Hits wie Apidya und Project X im Hinterkopf haben, aber Disposable Hero gefällt mir in allen Belangen einen Tick besser. Ein Spiel, dem ich gerne 5 von 5 erhältlichen Penen in alle Öffnungen reinpresse.

Pen Pen Pen Pen Pen

Trivia: Das Coverdesign stammt nicht etwa von den Grafikern des Spiels oder der PR Abteilung von Gremlin Interactive, nein, das Titelbild wurde einfach von “John Berkey” lizensiert, welcher schon unzählige weitere, huren- hurengeile Weltraumartworks und sogar King Kong Plakate entwarf.


(Die hurendicken Raumschiffe des John Berkey.)

Mehr: http://wickedmoon.com/johnberkey.html